In der Meditation steht unser Geist im Mittelpunkt unseres Übens. Es geht darum zu lernen, ihn zu sammeln, auszurichten und in der Ausrichtung zu halten. Dafür gibt es im Yoga eine große Anzahl verschiedener Möglichkeiten und Techniken. In einem Aspekt sind sie sich aber alle gleich:

 

Ein ausgerichteter Geist vermittelt sich über ein Gefühl innerer Ruhe und entspannter Wachheit.

 

 

Die Art und Weise, wie wir den Geist in der Meditation benutzen, unterscheidet sich wesentlich davon, wie wir ihn im Alltag erleben. In der täglichen Routine herrscht meist keine bewusste Ausrichtung, sondern unser Geist wird gezogen – mal hierin, mal dorthin. In ständigem Wechsel und schneller Abfolge ergreift etwas von unserem Geist Besitz: Dinge, die wir hören, sehen, wahrnehmen; Gedanken und Bilder, die wir erinnern; Vorstellungen und Fantasien, die in uns aufsteigen. Unser Geist ist sprunghaft und oft von einer rastlosen Dynamik. Eben noch sitze ich im Auto und denke über meinen Urlaub nach; dann fällt mir ein, dass ich noch einkaufen muss; gleich frage ich mich, was wohl heute abend im Fernsehprogramm läuft; plötzlich mache ich mir aufgrund der Radionachrichten Gedanken über die Möglichkeit von Demokratie in Afrika; dann läuft eine modisch gekleidete Dame über die Straße und ich staune über die aktuelle Kleidermode usw. usw. Es scheint, als wäre diese Dynamik kaum zu beeinflussen.

Vielen Menschen fällt es schwer, auch nur wenige Sekunden mit ihrer Aufmerksamkeit bei einer Sache zu bleiben. Zu schnell werden sie abgelenkt, zu schwach ist die Fähigkeit ausgeprägt, eine einmal gewählte geistige Ausrichtung zu halten.

 

Wir haben aber auch die Erfahrung, dass diese Situation veränderbar ist: Manchmal gelingt es nämlich auch, über längere Zeit aufmerksam und achtsam zu bleiben.

 

Die Praxis der Meditation zeigt Wege, diese Fähigkeit unseres Geistes zur Ausrichtung systematisch Schritt für Schritt zu entwickeln. Damit wird innere Ruhe und das Erleben von Gelassenheit zuverlässig erreichbar.

 

In jeder Meditationspraxis geht es also zuerst um den Versuch, möglichst kontinuierlich ausgerichtet

zu bleiben, und zwar nur auf Eines: einen Fokus (Körperteil, Atem, Mantra, Affirmation etc.),

einen Gegenstand, eine Frage oder ein eingegrenztes Thema.

 

Oft stellen sich Menschen Meditation so vor: Jemand sitzt mit geschlossenen Augen und einem Lächeln auf den Lippen im Lotussitz, entrückt und nicht mehr von dieser Welt. Schon das äußere Bild trügt. Es braucht keinen besonderen Sitz, um erfolgreich zu meditieren; sehr oft ist ein aufrechtes Sitzen auf einem Stuhl oder Hocker die beste Wahl. Und dann das Lächeln: So wie ein schickes Kleid nichts darüber aussagt, ob die Frau, die es trägt, glücklich ist, so kann niemand von außen erkennen, ob jemand wirklich meditiert.

Und dann hat „entrückt“ sein mit Meditation genauso wenig zu tun wie ein wohliges Vor-sich-hin-Dösen:

 

Meditation ist vielmehr die wenig spektakuläre Fähigkeit sich intensiv aber entspannt mit etwas verbinden

zu können und diese Verbindung über eine gewisse Zeit zu halten.

 

Wer Meditation übt, entwickelt selbst schnell ein Gefühl dafür, in welchem Maß dies dann auch gelingt. Immer wieder wird es nämlich so sein, dass auch in der Meditation der Geist von einem zum anderen Gedanken, von einem zum nächsten Bild springt; dass Gedanken sich in den Vordergrund drängen, was heute noch zu erledigen ist oder gestern liegengeblieben ist; dass man einer Erinnerung oder Tagträumerei nachhängt. Dann braucht es die Haltung der Achtsamkeit: In dem Moment, in dem man erkennt, dass der Geist abgeschweift ist, holt man ihn sanft, freundlich und nichtwertend für dieses Abschweifen wieder zurück zum Gegenstand der Ausrichtung, benennt innerlich das Abschweifen als „Denken“ (oder wenn Gefühle auftauchen als „Gefühl“ oder Körperempfindungen als „Körperempfindung“) und kehrt wieder zurück – immer und immer wieder – sanft, freundlich und geduldig.

 

Meditation ist also eine bestimmte Art und Weise, mit dem eigenen Geist umzugehen.

Es geht in der Meditation um Ausrichtung, um Sammlung.

 

Hierzulande nutzen die meisten Menschen Meditation im Rahmen eines säkularen und aufgeklärten Blicks auf sich und die Welt. Meditationstechniken dienen ihnen dazu, eine eigene, ganz persönliche Erfahrung zu machen, mögen sie beschrieben werden als

 

  • Erfrischend
  • Erholsam
  • Beruhigend
  • Tief
  • Erhellend
  • Befreiend
  • Spirituell
  • Als ein bei-mir-Sein oder noch etwas ganz anderes.

Der Yoga (nach Desikachar) ist Meditation und stellt einige Ziele in den Mittelpunkt:

 

  • Ruhe finden
  • Besseres Verstehen z.B. 
    • Was erlebe ich, wenn ich länger bei etwas verweilen kann, das mich fasziniert, einem Bild, einem Stück Natur, einem Symbol?
    • Wunsch nach einem tieferen Verständnis grundlegender Dinge wie Veränderung, Vergänglichkeit, Krankheit oder Zufriedenheit
    • Suche nach dem ganz eigenen Weg etc.
  • Fähigkeiten entwickeln - Meditation als Möglichkeit und Mittel, uns dahin zu entwickeln, wie wir sein möchten, aber noch nicht sind /z.B. gelassener werden, geduldiger, freundlicher, innere Unruhe überwinden etc.)
  • Abstand gewinnen
  • Mehr im Einklang mit dem eigenen Selbstbild leben können
  • Kraft und Zuversicht stärken

Yoga ist der besondere innere Zustand eines Menschen.

Dieser Zustand ist dadurch gekennzeichnet, dass der Geist gesammelt, ausgerichtet und ruhig ist.

Dann erst kann der Mensch die Dinge so sehen, wie sie sind.

Nur dann ist ihm ein Verstehen, das ihn auch wirklich berührt, möglich. Patanjali

 

Wer auch immer meditieren möchte – im Yoga findet er dafür viele geeignete Möglichkeiten und wertvolle Hinweise, wie auftretende Schwierigkeiten und Hindernisse überwunden werden können.

 

nach M. Soder u. I. Dalmann. BYZ