Achtsamkeit im Umgang mit Stress

 

Was treibt uns an? Impulse, die von außen kommen (über unsere Sinnesorgane: sehen, hören, schmecken, tasten und riechen) sowie Impulse, die von innen kommen (Körperempfindungen, Gefühle und Gedanken). All diese Dinge werden automatisch und blitzschnell bewertet als angenehm, unangenehm oder neutral und vermischen sich im Kopf mit unseren Erfahrungen und führen zu Handlungen.

 

Was aber, wenn unsere Wahrnehmung nicht der Realität entspricht? Wie oft sehen wir, was wir sehen wollen? Wie oft nehmen wir eine Körperempfindung einfach nicht wahr? Was wenn eine realitätsferne Wahrnehmung vermischt mit einer vielleicht zufälligen, diffusen Erinnerung unser Handeln bestimmt? Wohin führt das bzw. erleben wir tagtäglich?

 

Wenn wir uns nicht bewusst machen, dass diese Dreierkombination Wahrnehmen, Bewerten, Reagieren in Millisekunden vor sich geht, werden wir weiterhin so reagieren, wie wir es immer getan haben und das entspricht nicht immer unbedingt dem, was in einer Situation förderlich ist. Und wenn wir in Stress geraten, verengt sich unser Blick und wir greifen auf alte Bewältigungsstrategien zurück und ärgern uns hinterher, dass wir .... schon wieder explodiert sind, unsere Partner/Kinder angeschrien haben, nicht nein gesagt haben, zu etwas was wir eigentlich nicht möchten ..... usw.

 

Achtsamkeit kann uns dabei unterstützen, neue Erfahrungen zu machen, unseren Blickwinkel / zu erweitern, die Sicht auf unsere Erfahrungen zu erweitern, unsere Beziehungen oder die alltäglichen Situationen, um nicht mehr unbewusst, sozusagen im Autopiloten, durchs Leben zu gehen.

 

Achtsamkeit stellt somit ein sehr wirksames Mittel dar, um bis dahin automatisch ablaufende, dys­funktionale Reiz-Reaktionsmuster zu unterbrechen und gewohnheitsmäßige Stressreaktionen mehr und mehr durch bewusstes, präsentes Handeln zu ersetzen. Die Aufmerksamkeit für alle Aspekte einer sich entwickelnden Stresssituation zu erhöhen/verfeinern und diese zu registrieren, ohne auf sie mit Aktivität reagieren zu müssen, bedeutet eine ungewohnte Art der Einflussnahme. Durch die umfassende Wahrnehmung der inneren und äußeren Situation wird man weniger in sie verstrickt, und es entsteht Raum, in dem sich erweiterte Stressbewältigungsmöglichkeiten eröffnen und Probleme mit Abstand betrachtet und kreativ gelöst werden können.

  

Die Übung der Achtsamkeit ermöglicht jedem Menschen die Kontrolle von Augenblick zu Augenblick aufrecht zu erhalten und so direkten Einfluss auf den Verlauf des Geschehens zu nehmen. Sobald man sich aber eine Situation bewusst vor Augen führt, hat man sie bereits grundlegend verändert. Einfach aufgrund der Tatsache, dass man nicht automatisch reagiert. Vielmehr ist man absolut präsent, während sich die Stresssituation entfaltet und da man selbst integraler Bestandteil der ganzen Situation ist, verändert man diese Situation sogar, bevor man überhaupt etwas getan hat.“

Aus: Gesund durch Meditation, Jon Kabat-Zinn